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Museum für Naturkunde (MfN) Berlin, Inv.Nr. ZMB Cni 18005 / Foto: Matthias Heyde

Neu im Humboldt Labor: Korallen aus Kuba

Korallen aus Kuba erzählen eine wenig bekannte Geschichte von Wissenschaft und Politik, vom Sammeln und Zerstören, von Bildern und Abbildern

Noch kein Jahrzehnt nach der kubanischen Revolution begaben sich 1967 Wissenschaftler und Präparatoren des Instituts für Spezielle Zoologie und des Zoologischen Museums der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) an die Küste Kubas. Ein zehn Meter breiter Riffabschnitt sollte originalgetreu für das Berliner Publikum in die Hauptstadt der DDR gebracht werden. Doch bald änderten sich die Pläne. Es sollte nicht mehr ein originales Riff geborgen werden, sondern besonders ansprechende Korallen und Fische gesammelt und zu einem „typischen Abbild“ zusammengesetzt werden. Mit Hammer, Meißel, Presslufthammer und Harpune, unter Mobilisierung enormer Ressourcen brach die Mannschaft acht Wochen zusammen mit fünf Sporttauchern der Gesellschaft für Sport und Technik (GST) der DDR und Kollegen des Ozeanographischen Instituts der Kubanischen Akademie der Wissenschaften die verschiedenen Korallen aus unterschiedlichen Formationen des Riffs heraus, fing Fische und andere Organismen.

Öffentliche Inszenierung des Abbaus

Das Zoologische Museum und das Institut für Spezielle Zoologie wurden 1968 zum Museum für Naturkunde an der HU zusammengefasst. Das Riff sollte die Hauptattraktion des Museums werden, das sich nach starker Kritik neu profilieren wollte. Schon der Abbau war eine öffentliche Inszenierung. Ein Team der DEFA  begleitete die Expedition und präsentierte sie in dem Film „Telegramm aus Cuba“ als ambitioniertes technisches, sportliches und wissenschaftliches Unternehmen – ein Moment nationaler Aneignung von „unserem Riff“. Die kubanische Beteiligung am Projekt, die nur durch den 1962 geschlossenen Freundschaftsvertag zwischen HU und der Universidad de La Habana zustande gekommen war, blieb dabei weitgehend unsichtbar.

© Museum für Naturkunde (MfN) Berlin / Foto: Matthias Heyde

Zwischen sechs und zehn Tonnen Korallenfracht wurden von Kuba nach Berlin verbracht. Der größte Teil blieb verpackt in den Transportkisten.

Einige der nie ausgestellten Objekte aus der Sammlung „Marine Invertebraten“ sind jetzt in der Auftaktausstellung der Humboldt-Universität zu Berlin im Humboldt Forum zu sehen. Sie erzählen eine wenig bekannte Geschichte von Wissenschaft und Politik, vom Sammeln und Zerstören, von Bildern und Abbildern. Der Humboldt’sche Gedanke, menschliche und natürliche Phänomene zusammenzudenken und diese Zusammenhänge und Wechselwirkungen durch das Zusammentragen von Objekten aus aller Welt darzustellen, lässt sich an ihnen beispielhalft verdeutlichen.