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© Technische Universität Berlin, Science of Intellligence (SCIoI) / Institut für Gewässerbauökologie und Binnenfischerei (IGB) / Humboldt-Universität zu Berlin / Freie Universität Berlin / Foto: Philipp Plum (?) ODER Jan Zapper (?) oder ... ? = Von wem stammt das Foto? Bitte nachtragen.

Mit dem Robo-Fisch auf der Spur der Spitzenforschung

Der Exzellenzcluster Science of Intelligence der Technischen Universität und der Humboldt-Universität macht Forschung im Humboldt Forum erfahrbar

Im Schnitt bekommen Cluster, die über die Exzellenzstrategie von Bund und Ländern gefördert werden, rund 6,75 Millionen Euro pro Jahr. Worum es bei den sieben interdisziplinären Forschungsvorhaben geht, an denen allein in Berlin gearbeitet wird, können Besucherinnen und Besucher ab 2021 in den Räumen der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) im Humboldt Forum erleben.

„Die meisten Bürgerinnen und Bürger können vermutlich mit dem Begriff der Exzellenzcluster gar nicht so viel anfangen. Unser Anliegen ist es zu erklären, was Spitzenforschung auszeichnet und woran Spitzenforschung arbeitet“, betont Dr. Gorch Pieken, Kurator der Ausstellung. Alle Berliner Exzellenzcluster, in denen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der drei Berliner Universitäten und der Charité arbeiten, werden einbezogen. Alle Cluster stellen sich im 150 Quadratmeter großen Foyer den Besucher:innen vor, erklärt Pieken.

Interdisziplinäre Denkweise bei der Forschung

Dazu gehört auch der Cluster SCIOI – SCIENCE OF INTELLIGENCE, ein gemeinsamer Exzellencluster der Technischen Universität Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin. Rund 20 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Berlin und Potsdam sind seit Januar 2019 beteiligt – darunter Experten und Expertinnen aus der Robotik, der Biologie, den Neurowissenschaften, der Psychologie, der Philosophie und den Erziehungswissenschaften. Ziel ist, in dem interdisziplinären Team das komplexe Phänomen „Intelligenz“ zu erforschen. „Das interdisziplinäre Arbeiten müssen wir erst einmal üben, weil wir zum Teil ganz andere Fachsprachen sprechen“, erzählt Prof. Dr. Christa Thöne-Reineke vom SCIoI. Sie leitet das Institut für Tierschutz, Tierverhalten und Versuchstierkunde an der Freien Universität Berlin (FU) und forscht zum Verhalten von Mäusen. Das Zusammentreffen unterschiedlicher Denkansätze führt zu lebhaften Diskussionen. Doch Kontroversen sind Teil des Konzepts. „Wir wollen eine neue Generation von Wissenschaftlern ausbilden, die von vornherein viel interdisziplinärer denken“, betont Christa Thöne-Reineke.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen natürliche Intelligenz von Tieren verstehen und ihre Erkenntnisse praktisch anwenden. Die Mechanismen, nach denen Tiere kollektive Entscheidungen treffen, habe sich über einen langen Zeitraum entwickelt, erklärt Dr. Pawel Romanczuk vom Institut für Biologie an der HU. Er arbeitet innerhalb des Clusters Science of Intelligence an der Verbindung zwischen Verhaltensbiologie und synthetischen Wissenschaften – wie der Robotik. „Aus dem Verhalten von Tieren kann man Algorithmen für kollektive Entscheidungsprozesse entwickeln“, sagt er. Die Erkenntnisse ließen sich zum Beispiel anwenden, um medizinische Diagnosen zu verbessern.

Ethische Fragen, die sich etwa bei Anwendungen im medizinischen Bereich stellen, werden bei der Arbeit des Clusters von Anfang an mitgedacht, betont Christa Thöne-Reineke. Dadurch, dass auch Expertinnen und Experten aus der Ethik oder den Erziehungswissenschaften beteiligt sind, würden mögliche Auswirkungen auf die Gesellschaft permanent diskutiert.

Aufklärung zum Thema „Künstliche Intelligenz“

Die Ausstellung im Humboldt Forum eröffnet den Clustern die Chance, ihre Arbeit zu erklären und ins Gespräch mit den Besucherinnen und Besuchern zu kommen. „Darauf freuen wir uns sehr“, sagt Pawel Romanczuk. Künstliche Intelligenz sei ein großes Thema in den Medien. „Es ist aber oft durch Unwissen geprägt und mit Ängsten besetzt. Da wollen wir aufklärerisch tätig sein“, betont der Biologe. Wichtig sei, die Forschung nicht Akteuren wie Google, Amazon und Facebook zu überlassen. „Die arbeiten sowieso daran – mit viel Geld, aber ohne jede gesellschaftliche Kontrolle.“

Gemeinsam mit den Kuratoren arbeitet der Cluster daran, Forschung erfahrbar zu machen – und die Ausstellung parallel zur eigenen Forschung durch interaktive Experimente zu kollektiven Entscheidungsprozessen zu ergänzen. Wenn Besucherinnen und Besucher die Anzahl von Kaugummis in einem Glas schätzen, können sie sich mit den anderen messen, sagt Pawel Romanczuk. „Dabei kann man sehen, dass der Schwarm oft die besseren Entscheidungen trifft als das Individuum.“

Einblicke in das Schwarmverhalten von Tieren

Gleich am Eingang der Ausstellung werden Gäste von einem riesigen Fischschwarm und Geräuschen schwappenden Wassers begrüßt. Die Fische werden auf einen zwölf Meter breiten und sechs Meter hohen Vorhang projiziert. Der Schwarm reagiere auf Menschen, erklärt Gorch Pieken. „Auf einen großen Ansturm von Besucherinnen und Besuchern reagiert er hektisch oder panisch. Er beruhigt sich aber auch wieder.“ Was zeige, dass unser Verhalten Einfluss auf das Leben anderer habe, sagt der Kurator.

Etwa drei Millionen Besucherinnen und Besucher werden pro Jahr im Humboldt Forum erwartet. „Wir denken, dass die Ausstellung so spannend ist, dass viele von ihnen den Abzweig zu uns nehmen“, zeigt sich der Kurator überzeugt. „Ich denke, die Cluster spiegeln, was die Gesellschaft bewegt.“