Im Humboldt Labor zeigt der spanische Künstler Fernando Sánchez Castillo kleine Figuren, die den „Tank Man“ darstellen, eine Ikone der Demokratiegeschichte. 1989 stellte sich der junge Mann bei den Studierendenprotesten auf dem Tian’anmen-Platz einer Reihe von Panzern in den Weg.
Ein schmaler Mann in weißem Hemd, in einer Hand trägt er eine Tasche, in der anderen seinen Mantel. Schutzlos stellt er sich auf dem Tian’anmen-Platz in Peking einer Reihe von auffahrenden Panzern in den Weg. Fotos und Filmaufnahmen dieses bis heute nicht eindeutig identifizierte, „Tank Man“ (Panzer-Mann) genannten Aktivisten gingen 1989 um die Welt.
Das ikonographische Bild des einzelnen, friedlichen Protestierenden, der eine Panzerkolonne aufhält, inspirierte auch den spanischen Künstler Fernando Sánchez Castillo. Eine Heer seiner kleinen, jadegrünen Tank-Man-Figuren mit ihren unerschrocken erhobenen Köpfen wird Teil der Ausstellung im Humboldt Labor sein.
Castillo arbeitet seit vielen Jahren mit dem Motiv des Tank Man. Seine kleinen Figuren inszeniert er als pazifistische Armeen – wie bei der Arbeit „Made in China“, die er 2015 für das Dresdener Albertinum geschaffen hat. Die Figuren ließ der Künstler als angebliches Kinderspielzeug in China produzieren. Neben den Miniaturen ist im Laufe von Castillos Auseinandersetzung mit dem Protestierenden auch eine mehr als fünf Meter große Skulptur entstanden.
Der 1970 in Madrid geborene Künstler interessiert sich für Fragen von Demokratie, Diktatur, der Kraft des Einzelnen und der Macht von Bildern. Er übersetzt Momentaufnahmen historischer Ereignisse in künstlerische Arbeiten, um Diskussionen über heute noch aktuelle Fragen anzustoßen.
Wie im Dresdener Albertinum dienen die Tank-Man-Figuren im Humboldt Labor, der Schau der Humboldt-Universität im Humboldt Forum, nicht als unbewegliche, permanente Ausstellungsobjekte. Besucherinnen und Besucher werden eingeladen, ihre Gedanken zu Demokratie und Menschenrechten auf selbstklebenden Zetteln zu notieren. „Wer einen Gedanken dalässt, kann im Tausch eine Figur mitnehmen“, erzählt Dr. Gorch Pieken, leitender Kurator der Ausstellung. Das gehe so lange, bis der letzte von 5000 Tank Men aus der Vitrine genommen sei. Jede Figur symbolisiert einen bei den Protesten ums Leben gekommenen Demonstrierenden. Die Vitrine, in der die Figuren ausgestellt werden, wird so zum partizipativen Ausstellungsobjekt, an dem nach und nach immer mehr Ideen kleben.