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© Exzellenzcluster "NeuroCure", Charité – Universitätsmedizin Berlin

Expedition in die Schaltzentrale des Menschen

Der Exzellenzcluster NeuroCure der Charité nimmt Besucher:innen im Humboldt Labor mit auf eine Reise ins Gehirn und zeigt dabei, wie elektrische Impulse im Gehirn entstehen. Geplant ist, dass Ausstellungsgäste sogar einen Blick auf ihre eigenen Hirnströme werfen können.

Eine Projektion durcheinander wirbelnder Fische, unzählige Schmetterlinge, Saurier-Skelette, schwebende Objekte und fahrende Rollos: Historische Sammlungsstücke und Modelle aus der aktuellen Spitzenforschung reihen sich im Humboldt Labor zu einer „Blütenlese der Dinge“, wie Dr. Gorch Pieken, Leitender Kurator der Schau, die Auswahl nennt.

Diese Vielfalt an Bildern, Texten und Bewegungen nehmen Besucher:innen wahr, sie sortieren, bündeln und filtern alle Reize und werten diese im Kopf aus, sodass Gesehenes einen Sinn ergibt oder Fragen aufwirft. Wie aber funktioniert das? Wie arbeitet das Gehirn, das komplexeste Organ des Menschen?

Im Humboldt Labor lädt der Exzellenzcluster NEUROCURE zu einer Expedition in die Schaltzentrale des Menschen. An einer Forschungsstation mit Monitoren und Touchscreens gibt der an der CHARITÉ –UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN angesiedelte Exzellenzcluster Einblicke in seine Forschung – und vermittelt spielerisch und interaktiv, wie das Gehirn aufgebaut ist.

Wie reagiert es auf unangenehme Bilder? Wie geht es mit den komplexen Fragen und Problemen um, die in der Ausstellung beleuchtet werden? „Wo schauen wir hin – und wo schauen wir weg?“, fragt Gorch Pieken. Dies seien spannende Fragen, die bei der Beschäftigung mit dem menschlichen Gehirn aufgeworfen werden. Trotz immer neuer Erkenntnisse gebe es der Wissenschaft Rätsel auf. „Es ist in vielen Bereichen eine noch unerforschte Landkarte“, sagt der Kurator.

© Exzellenzcluster "NeuroCure", Charité – Universitätsmedizin Berlin / Bild: Andreas Horn

NeuroCure: Neue Perspektiven in der Therapie neurologischer Erkrankungen entdecken

24 Professor:innen und ihre Forschungsgruppen gehören zum Exzellenzcluster NeuroCure, der seit 2007 durch die Exzellenzinitiative von Bund und Ländern gefördert wird. Seit 2019 erhält er im Rahmen der Exzellenzstrategie eine weitere, auf sieben Jahre angelegte Förderung. Der Fokus liegt auf der Erforschung neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen.

In der Ausstellung werden Wissenschaftler:innen erklären, wie elektrische Aktivität im Gehirn entsteht und wie sie gemessen werden kann, berichtet Dr. Claudia Mahlke, Geschäftsführerin des Exzellenzclusters. Die wichtigsten Gehirnzellen sind Nervenzellen (Neurone), die Informationen über elektrische Signale übertragen. Jede der wohl etwa 90 Milliarden Neuronen kann mit Tausenden anderen vernetzt sein und mit ihnen kommunizieren.

Gemessen werden die elektrischen Impulse unter anderem mithilfe der Elektroenzephalografie (EEG), bei der Spannungsschwankungen an der Kopfoberfläche ermittelt werden. Geplant sei, dass Besucher:innen an der NeuroCure-Forschungsstation die elektrischen Strömungen des eigenen Gehirns messen können, erzählt Claudia Mahlke. „Dazu setzen Interessierte einfach eine Art Headset auf, mit dem die Gehirnaktivität sichtbar gemacht werden kann“.

Erforschung von Erkrankungen, bei denen die Interaktion zwischen Nervenzellen gestört ist

NeuroCure untersucht Erkrankungen des Gehirns, bei denen die Interaktionen zwischen den Nervenzellen gestört sind – das können beispielsweise Entwicklungsstörungen sein, Parkinson, Demenz und Schlaganfälle, aber auch psychiatrische Krankheitsbilder wie Depression oder Schizophrenie. Filme an der Forschungsstation geben Einblicke in die Labore der Wissenschaftler:innen – Orte, die für die Öffentlichkeit normalerweise nicht zugänglich sind. „Wir haben festgestellt, dass Menschen immer sehr begeistert sind, wenn sie sich so einen Arbeitsplatz anschauen können“, sagt Claudia Mahlke.

Eine der Wissenschaftlerinnen, die ihre Arbeit in der Ausstellung vorstellt, ist die Professorin Dr. Andrea Kühn. Die Neurologin forscht an der Charité unter anderem zu Bewegungsstörungen.

Der geplante Film begleitet Frau Kühn auf die Station, auf der Parkinson-Patient:innen behandelt werden, um die schweren Symptome der Krankheit zu lindern.

Parkinson gehört zu den häufigsten Krankheiten, die Bewegungsstörungen auslösen. Die Ursache dafür ist ein Mangel des Botenstoffes Dopamin – die Folge: Bewegungen lassen sich nicht mehr differenziert steuern. „Zu den häufigsten Symptomen zählen Zittern und Bewegungsverlangsamung – Parkinson ist aber nicht nur eine Erkrankung des motorischen Systems, sondern auch eine neuropsychiatrische Erkrankung, die Symptome wie Traurigkeit bis hin zur Depression oder Vergesslichkeit mit sich bringen kann“, erklärt Andrea Kühn.
Durch eine Tiefe Hirnstimulation können die motorischen Beschwerden gelindert werden. Dafür werden dünne Elektroden in die Tiefe des Gehirns eingepflanzt, die gezielt elektrische Impulse abgeben. Das Steuergerät, oder auch Hirnschrittmacher, wird unterhalb des Schlüsselbeins unter der Haut eingebracht.

Nur durch die Vorarbeit in der Grundlagenforschung ist eine solche Therapieform möglich, sagt Claudia Mahlke. „Ein wichtiges Ziel des Clusters ist, Grundlagenwissen in die klinische Forschung zu bringen.“

Für NeuroCure sei das Humboldt Labor eine Möglichkeit, die eigene Arbeit einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen, sagt die Geschäftsführerin. Wissen zu vermitteln und sichtbar zu sein sei auch notwendig, um Menschen über klinische Studien aufzuklären und sie für eine Teilnahme zu gewinnen. Wichtig sei, transparent zu machen, wie und warum welche Forschungsprojekte durchgeführt werden, sagt Claudia Mahlke. „Für uns ist die Ausstellung eine Chance zu zeigen, dass Wissenschaft die Gesellschaft voranbringt – abgesehen davon, dass wir großen Spaß daran haben zu erklären, wie das Gehirn funktioniert.“